Segeln unter Spinnaker bringt viel Freude. Unter all den Segeln, die man an Bord hat ist
der Spinnaker mit Abstand das Ausgefallenste.
Dieses elastische freifliegende, unterschiedlich formbare Gebilde kann gewollt - oder oft
auch ungewollt - tausend verschiedene Gestalten annehmen.
Aus diesem Grund ist es nahezu unmöglich den optimalen Spinnakertrimm wissenschaftlich zu
erfassen. Es gibt zu viele Varianten von Spis und deren optimalen Trimm.
Deshalb wollen wir in diesem Artikel auch nur über ein Basiskonzept und dessen Auswirkungen
auf Vortrieb und Profil dieses besonderen Segels sprechen.
Aerodynamik:
Während Genuas und Großsegel fast immer eine anliegende Luftströmung entlang ihrer beinahe
gesamten Oberfläche erzeugen, kann man sich glücklich schätzen, wenn es gelingt auch nur
50% dessen bei einem Spinnaker zu erreichen. Diesen Prozentsatz erreicht man aber nur auf
Raumen-und Halbwindkursen.
Fällt man weiter ab, so wird sich die Strömung immer mehr ablösen, bis dann am Vormwindkurs
nahezu die ganze Leeseite des Spinnakers nicht mehr sauber angeströmt wird.
Man soll nicht behaupten, daß Spis keine anliegende Strömung bräuchten.
Im Gegenteil, es verhält sich genau so wie bei den anderen weißen Segeln. Je mehr Strömung
desto besser. Es ist nur so, das unter Spinnaker diese anliegende Strömung sehr schwer zu
erzeugen ist.
Man muß sehr vorsichtig und feinfühlig vorgehen, um den Spinnaker nicht zu übertrimmen.
Schließlich will man auf keinen Fall das Abreißen der Strömung begünstigen.
Durch permanentes Spielen mit der Schot sollte das Luvliek immer leicht umklappen. Es ist
mehr von Vorteil das Segel an der Windkante zu fahren als es zu dicht zu knallen.
Natürlich erfordert dies ein hohes Maß an Konzentration von dem Spinnakerfahrer. Nur eine
geringe Unachtsamkeit und schon kann das ganze Segel einfallen.
Dennoch, dieses kleine Risiko zahlt sich auf alle Fälle aus und wird sich durch mehr Speed
bemerkbar machen.
Mittels anbringen von Windfäden (30cm von den Lieken entfernt) läßt sich deutlich erkennen
wenn und wo bei welchen Trimm die Strömung abreißt.
Diese Methode funktioniert allerdings nur auf Halbwind - und Raumschotkursen. Je weiter Sie
abfallen, desto ineffektiver wird diese Lösung.
Trimmrichtlinien:
Da der Spitrimm größtenteils reine Gefühlssache ist, lassen Sie uns hier über einige
Grundregeln sprechen, die ein jeder Trimmer wissen sollte.
Das Grundprinzip zur Profilkontrolle eines Spinnakers ist einfach.
Je geringer der Abstand von einem Seitenliek zum anderen Liek ist, desto tiefer, sprich
bauchiger wird der Spinnaker. So gesehen gleicht alles sehr einer Genua oder einem
Großsegel. Fiert man z.B. das Unterliek eines Großsegels (d.h. Vor- und Achterliek rutschen
näher zusammen) so wird der untere Teil des Segels voller. Bei einem Spinnaker
funktioniert dies ähnlich. Nur daß hier kein Vorliek an einem Mast oder Vorstag befestigt
ist.
Was geschieht wenn man das vordere Ende des Spinnakerbaumes absenkt?
Richtig, beide Schothörner folgen annähernd dem Baum (das Leeschothorn weniger ausgeprägt
wie das Luvschothorn) und die Lieken werden dadurch straffer. Strafferere Lieken wandern
näher zusammen und das Segel wird voller.
Wenn Sie nun den Spinnakerbaum wieder anheben, wandern die Schothörner wieder nach oben
und die Lieken werden loser und entfernen sich von einander.
Das Segel wird somit flacher.
Daraus ergibt sich folgende Grundregel:
Durch das Antoppen des Spinnakerbaums wird ein Spinnaker flacher.
Anstellwinkel des Spinnakerbaums:
Segelt man mit Wind von achtern größer gleich 120 Grad, so sollte der Spinnakerbaum
rechtwinklig zum scheinbaren Wind stehen.
z.B., Sie segeln auf einem stumpfen Raumschenkel mit einem scheinbaren Wind aus 140 Grad.
In diesen Fall sollte Ihr Spibaum im 50 Grad Winkel zur Bootsmittschiffslinie stehen.
Diese Einstellung erzeugt einen Spibaumwinkel von 90 Grad zum scheinbaren Wind und
garantiert den größtmöglichen Abstand des Spis zum Großsegel.
Auf spitzeren Raumgängen (Wind aus 90 Grad) ändert sich diese Einstellung jedoch ein bißchen.
Würden Sie den Baum ebenfalls rechtwinklig zum scheinbaren Wind schoten, wäre ein für
diesen Kurs zu tiefes und somit unwirksameres Profil die Folge.
Für einen flach getrimmten Spinnaker soll deshalb der Baum ca. 75 Grad zum scheinbaren
Wind angestellt sein.
Spinnakerbaumhöhe:
Bei stumpfen Raumschotkursen, neigen die neueren Spidesigns dazu, auf Änderungen der
Spinnakerbaumhöhe kaum zu reagieren. Die Schöthörner bleiben annähernd immer gleich hoch.
Dennoch gibt es auch hier eine optimale Einstellung des Spibaums.
Das fixieren der Spibaumhöhe gleicht ein wenig dem Einstellen des Genuaholepunktes.
Bei der Genua soll ein einheitliches Abreißen, oder Anliegen der Strömung über das gesamte
Vorliek erreicht werden.
Das selbe gilt auch für den Spinnaker.
Suchen Sie eine Baumposition, die dem ganzen Spinnakervorliek den idealen Anstellwinkel
zum scheinbaren Wind gibt.
Es ist möglich, Windfäden entlang der Spilieken zu befestigen. Da aber die Luftströmung um
einen Spinnaker immer sehr stark gestört ist, kann man sich auf diese Indikatoren nur bei
Raumschenkeln verlassen.
Besser ist es sein Augenmerk auf das permanant einkippende Lufliek des Segels zu richten.
Ihr Ziel soll es sein, das Liek Ihres Spis in den mittleren 50% gleichmäßig immer wieder
ca. 20cm einfallen zu lassen.
Ist der Spibaum zu hoch angeschlagen, fällt der untere Teil des Luvlieks zuerst ein.
Senken Sie den Baum zu weit, so wird das obere 1/3 des Lieks zu rund, und der Spi beginnt
dort zuerst einzufallen. Haben Sie keine Angst etwas zu experimentieren. Nur so kann man
lernen.
Die Spinnakerbaumhöhe bei einem spitzen Raumschenkel hängt hauptsächlich davon ab, ob Sie
die Leeschot über, oder unter dem Großbaum führen.
Wird die Schot über dem Großbaum geführt, so steigt das Leeschothorn hoch. Der Fuß- und
Kopfteil des Spis werden flacher.
Dies ist ein empfehlenswerter Starkwindtrimm. Das Achterliek öffnet mehr, Querkraft und
Ruderdruck nehmen ab und das Großsegel kann durch den Niederholer wieder effektiver
getrimmt werden.
Diese Variante ist aber auch auf sehr spitzen Raumschenkeln bei Leicht - Mittelwind ideal.
Wird die Spischot unter dem Großbaum gefahren, bedeutet dies einen tieferen Spinnaker mit
mehr Power. Dieser Trimm ist hervorragend geeignet für flache Spinnaker oder für
Situationen wo mehr Druck in den Segeln gefragt ist.
In diesen Fall muß der Spibaum gesenkt werden, da das Leeschothorn durch die unter dem
Großbaum geführte Leeschot mehr nach unten gedrückt wird.
Bei stumpfen Raumschenkeln, bis hin zum Vorwindkurs ist es unerläßlich die Leespischot
unter dem Großbaum zu fahren.
Anschlagpunkt des Spinnakerbaums am Mast:
Halten Sie den Spibaum immer horizontal.
D.h., der am Mast befestigte Punkt des Spinnakerbaums soll immer in der gleichen Höhe wie
der am Spinnaker befestigte Teil des Baumes sein.
Nur so ist gewährleistet, daß der Spinnaker maximal weit fom Mast entfernt ist.
Der am Mast befestigte Beschlag des Spibaums sollte automatisch verstellbar sein. Immer
wenn die Spibaumhöhe verstellt wird, ändert sich dann auch die Befestigungsposition am
Mast.
Spinnakerprofile:
Da ein Spinnaker nur an 3 Punkten befestigt ist, haben wir wenig Kontrollmöglichkeiten.
Dennoch sind wir in der Lage das Profil etwas zu beeinflussen.
Tiefe:
Wie vorher bereits besprochen, ist die Tiefe des Spis abhängig von der Schothornhöhe. Das
Steigen der Schothörner öffnet die Lieken und der Spi wird schultriger. Dieser Vorgang
flacht, genau im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung, das Profil des Spinnakers
ab. Senkt man entgegen die Schothörner ab, so strafft man die Lieken. Diese verringern
somit die Distanz zueinander und das Segel wird bauchiger.
Die Tiefe im unteren Teil des Spinnakers wird durch den Holepunkt beeinflußt. Wandert
dieser nach vorne, nimmt die Rundung zu.
Auf einem stumpfen Raumschenkel oder Vorwindkurs wird die Segeltiefe zusätzlich vom Winkel
des Spinnakerbaums zum Wind beeinflußt. Holt man den Spibaum zu weit nach Luv, wird es
unumgänglich stärker an der Leeschot zu ziehen um den Spinnaker am Einfallen zu hindern.
D.h. der Spi wird flacher.
Diese Art von Trimm eignet sich ausgezeichnet für Schwerwettersegeln und große Wellen.
Dann nämlich wird eine Yacht unter einem vollen Spinnaker sehr schnell unruhig und rollt
von einer Seite zur Anderen.
Wird der Spibaum hingegen zu weit vorlich gefahren, dann ist es möglich die Leeschot
etwas loser zu trimmen. Der Spi wird voller und steht direkt vor dem Bug.
Dies ist meist bei Leichtwetter oder Chop sehr schnell der Fall.
Position der größten Tiefe im Spinnaker:
Dieser Punkt in einem Spinnaker wird durch die relative Höhe der Schothörner zueinander
bestimmt. Der alte Leitsatz "beide Schothörner sollen auf gleicher Höhe sein"
stimmt nicht mehr so ganz.
Raumschots ist es möglich durch kluges und überlegtes Trimmen die tiefste Position im
Spinnaker zu beeinflussen (bzw. nach vorne oder achtern zu verlagern).
Senkt man den Hals des Spis, so verlagert sich der Bauch nach vorne, und der Twist
vergrößert sich. Ein Anheben des Spinnakerhalses kehrt den Vorgang um.
Allround Spinnaker sollten Raumschots mit etwa gleichhohen Schothörnern gefahren werden.
Eventuell sollte das Luvschothorn etwas tiefer getrimmt werden als das Leeschothorn. Der
Bauch wird dadurch auf 45-50% fixiert.
Die Halsposition hat einen entscheidenden Einfluß auf die Position der größten Tiefe im
Spi, auf den Anstellwinkel des Spinnakerkopfteils, sowie auf das Luvliek.
Hebt man z.B. den Spibaum an, bewegt sich die Position der größten Tiefe nach achtern,
der Anschnitt wird flacher, und das Luvliek weht weiter nach Lee aus. Dieses Durchsacken
des Vorlieks hat zur Folge, daß der Kopf nach Achtern gedreht wird und das Achterliek
mehr schließt. Das Segel erzeugt mehr Druck. Dieses Mehr an Druck bedeutet hauptsächlich
mehr Querkraft. Sprich Ruderdruck und Abdrift.
Senkt man dagegen den Spibaum etwas, so öffnet das Achterliek mehr und man kann den
Spinnaker abpowern.
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